Malmö und die Schnellbusse
© PG Anderson
Am 31. August fand im Ostseekai eine Dialogveranstaltung zum geplanten hochwertigen ÖPNV-System statt. Durch die lange Corona-Pause waren viele Menschen gespannt, endlich mal wieder einer Veranstaltung in Präsenz zu erleben. Dabei hörten sie auch dem Vortrag von Stephan Bösch aus Malmö zu, der von den Planungen und dem Betrieb des dortigen BRT-System berichtete.
Am Anfang stand die gemeinsame Einsicht: „So kann es nicht weitergehen.“ Im schwedischen Städte-Dreieck Malmö / Lund / Helsingborg stieß der Nahverkehr an seine Grenzen. Sowohl der private als auch der öffentliche. Einhellig plädierten die Verantwortlichen für ein modernes aufnahmefähiges Nahverkehrssystem. Als Favorit galt im Jahre 2009 zunächst die Tram. Dass dann doch der Schnellbus, der Bus Rapid Transit (BRT), den Zuschlag erhielt, hat mit der politischen Großwetterlage ab 2010 zu tun, als in Schweden eine bürgerlich-konservative Regierung gewählt wurde.
Und natürlich die Finanzen. Wie Stephan Bösch vom Planungsbüro Trivector Traffic erklärt, galt die Tram als teurer als der BRT, der für schätzungsweise die Hälfte der Kosten zu haben war. Und der „MalmöExpressen“, der auf der alten Buslinie 5 eingerichtet wurde, erwies sich schnell als Erfolgsgeschichte. 2013 war Baubeginn, am 1. Juni 2014 folgte bereits die Einweihung des ersten, fünf Kilometer langen Abschnitts (aktuell sind es 8,3 Kilometer).
Das BRT sollte einfach zu benutzen sein.
Die Kosten für die Infrastruktur beziffert Bösch auf 6,5 Millionen Euro. In den folgenden fünf Jahren wuchs die Zahl der beförderten Passagiere um 40 Prozent auf 18.000 täglich (wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie sind aktuellere Zahlen wenig aussagefähig). Im Gefolge gewannen öffentliche Plätze an Bedeutung: Die Kaufleute am Nobelplatz etwa vermerken seit dem BRT-Start mehr Kunden und steigende Umsätze.
Auf der öffentlichen Diskussionsveranstaltung zum Verkehrssystem der Zukunft für die Landeshauptstadt Kiel erklärte Bösch im Ostseekai das Konzept, das sich die südschwedische Region zur Grundlage machte. Das BRT sollte einfach zu benutzen sein, sich den Menschen als eigenes unabhängiges System einprägen. Die Straßen wie auch die Haltestellen müssten eine hohe Qualität besitzen. Die alte Buslinie galt als unzuverlässig und wenig attraktiv, die Busse standen sich oft selbst im Wege.
Die Straßen wie auch die Haltestellen müssten eine hohe Qualität besitzen.
Damit die Schnellbusse zügig und verlässlich rollen können, sollen sie nach Möglichkeit auf einer eigenen Trasse unterwegs sein – oder zumindest an Ampelkreuzungen eine automatische Vorfahrtberechtigung erhalten. Die Aufenthalte an den Stationen (etwa alle 500 Meter) müssen aus Gründen der Zeitersparnis kurz sein, und schon deshalb soll Ein- und Ausstieg an sämtlichen Türen der 24 Meter langen Doppelgelenk-Busse möglich sein. Es gab laut Bösch die „Vision von Schwedens bester Stadtbuslinie“, sie hat sich nach seinen Worten in vergangenen Jahren auch umgesetzt.
Der MalmöExpressen fährt im 5-Minuten-Takt zwischen den Stadtteilen Rosengard im Südosten und Västra Hamnen im Nordwesten auf einer direkten Linienführung am Hauptbahnhof vorbei quer durch Malmös Innenstadt. Zu 65 Prozent auf eigener Trasse und grundsätzlich in Mittellage, also in der Straßenmitte. Dabei wird – vielleicht eine Besonderheit der Schweden, die für sich in Anspruch nehmen, auch äußerst solide Autos zu bauen – großer Wert auf die Verkehrssicherheit gelegt. Jeder Bus besitzt eine Kapazität von mindestens 90 Personen, es bleibt zudem Platz für Kinderwagen, Rollstühle oder Fahrräder. Die Tageskarte kostet in Malmö 54 Kronen, das entspricht gut 5 Euro.
Die Perspektive Tram haben die Planer in Malmö theoretisch nicht aus den Augen verloren, doch sie ist in den Hintergrund gerückt. Das hat auch mit Überlegungen zu tun, den schwedischen Großraum Malmö / Lund / Helsingborg und die dänische Metropole Kopenhagen auf der anderen Sund-Seite mit einer Tunnel-Metro zu verbinden. Dieses Großprojekt dominiert nach den Worten von Bösch zurzeit alle weiteren ÖPNV-Pläne.
Die Vorrangschaltung für die BRT-Busse ist auch bei den Autofahrern anerkannt. Richtigen Beifall gibt es bei den Blaulicht-Fahrzeugen von Polizei, Feuerwehr oder Notarzt. Die Lebensretter und Ordnungshüter sind jetzt viel schneller am Tatort. Sie dürfen als einzige die Trasse nutzen, die ansonsten nur dem BRT zur Verfügung steht.