Ohne Stau und rote Ampeln vom Ost- ans Westufer.
© Kaja Grope
Wie bringt man Fahrten zum Kindergarten vom Ost- auf’s Westufer, Jobtermine und Markteinkäufe unter einen Hut ohne ein zweites Auto anzuschaffen? Mit einem Lastenrad! Dafür haben sich jedenfalls Fotografin Kaja Grope und ihr Mann entschieden. Ein Erfahrungsbericht in Bildern.
Seit einem Jahr wohnen wir auf dem Kieler Ostufer in der Siedlung Oppendorf. Und obwohl unsere Kinder nach wie vor in den Kindergarten am Westufer gehen, stehen wir nie im Stau: Am frühen Morgen steigen meine zwei- und fünfjährige Tochter samt gepackter Rucksäcke in unser E-Lastenrad und dann radeln wir – dem Lauf der Schwentine folgend – zum Anleger der Fähre F2 in Wellingdorf.
Dort schiebe ich das Lastenrad um 7.54 Uhr auf die Fähre und wir setzen über. Die Fahrt dauert nur zehn Minuten. Vom Anleger Reventlou aus sind es dann noch weitere zehn Minuten mit dem schnellen Rad an der Förde entlang bis zum Kindergarten. So kommen wir pünktlich auf die Minute zum gemeinsamen Singen um 8:15 Uhr an.
Mit kleinen Kindern mobil ohne Auto
Für ein einspuriges Lastenrad haben wir uns entschieden als unsere zweite Tochter drei Monate alt war. Damals wohnten wir noch in einer Mietswohnung nahe der Holtenauer Straße. Ein zweites Auto kam für uns schon allein aus Klimaschutzgründen nicht in Frage. Bislang war ich mit meinem Rad und Kindersitz ganz gut ausgekommen. Ich wollte aber auch mit zwei kleinen Kindern so mobil wie möglich bleiben und es sollte eine Lösung sein, die über die nächsten Jahre funktioniert. Wir machten uns über verschiedene Alternativen schlau. Variante 1 – zwei Kindersitze am Rad – war schnell vom Tisch. Unsere Große wäre schon nach kurzer Zeit zu groß dafür gewesen. In unserem Freundeskreis nutzen viele einen Fahrradanhänger. Nach einigem Abwägen entschieden wir uns auch gegen diese zweite Variante, denn ich fühle mich sicherer und wohler, wenn ich die Kinder im Blick habe. Und damit sprach schließlich alles für Variante 3, das Lastenrad.
Unser Radius erweiterte sich mit dem Umstieg auf unser neues Familiengefährt von einem Tag auf den anderen. In die Transportbox hatten wir die Halterung für einen Kindersitz eingebaut, so dass wir statt mit Kinderwagen und Spaziergangtempo einer entdeckungsfreudigen Dreijährigen nun mit einem Tempo von durchschnittlich 15 Stundenkilometer größere Entfernungen bewältigen konnten. Seither nutzen wir das Rad nicht nur für Ausflüge, Besuche bei Freunden und die alltägliche Fahrt in den Kindergarten, sondern auch als Einkaufs- und Jobmobil. In der Box lassen sich wunderbar Markt- und Großeinkäufe unterbringen. Auch mein Equipment, das ich für Fototermine benötige, lässt sich darin sicher verstauen.
Ein bisschen Eingewöhnung ist dabei
Inzwischen sind wir ans andere Ufer der Förde gezogen. Dem Kindergarten am Westufer und unserem zweirädrigen Fortbewegungsmittel sind wir treu geblieben. Seit letztem Sommer hat auch unsere kleine Tochter einen Krippenplatz in derselben Einrichtung wie die Große. Unser Lastenrad wird darum wochentags mindestens zweimal mit der Fähre verschifft. In der Transportbox sitzen die Zwei dank Regenverdeck immer trocken und windgeschützt. Eine warme Decke haben wir in der kalten Jahreszeit außerdem dabei.
Nur die Anfangszeit war eine Herausforderung. Im Grunde fährt sich das Lastenrad wie ein normales Rad, doch ist es natürlich größer und beladen mit zwei Kindern auch schwerer. Wenn ich schnell fahren will oder voll beladen bergauf muss, bin ich dankbar für die Unterstützung durch den E-Motor. An den großen Wendekreis musste ich mich auch gewöhnen und an die Fläche, die das Rad beim Parken einnimmt. Zu Beginn war es mir unangenehm, dass unser Rad so viel Platz braucht. Bis mir klar wurde, dass wir ja zu Dritt sind – aber mit nur einem Rad! Irgendwann hatte ich auch raus, welcher Anleger bei welchem Wasserstand zum Aussteigen besser geeignet ist, der Höhenunterschied ist manchmal ganz beträchtlich. Je nach dem nehmen wir dann den in Dietrichsdorf oder in Wellingdorf. Und wenn es mal eng wird oder klemmt, weil beispielsweise die Rampe bei entsprechendem Wasserstand zu steil ist, ist Hilfe da, weil immer jemand mit anfasst.
Neue Verbindungen
Das liebe ich sowieso am Radfahren: Immer wieder treffe ich überraschend bekannte Gesichter auf meinen Wegen, freue mich über einen kurzen Gruß oder einen kurzen Halt zum Plausch. Das würde mir im Auto nicht passieren. Insbesondere schätze ich die Begegnungen auf der Fähre. Eine Handvoll Passagiere treffen wir täglich. Das gemeinsame Übersetzen hat etwas verbindendes. Diese alltäglichen Begegnungen möchte ich nicht mehr missen.
Ich stelle mir die Stadt in dreißig Jahren vor. Wie werden meine Kinder ihren Weg zur Arbeit zurücklegen? Vielleicht auf einer von vielen Velorouten, die die gesamte Stadt und ihr Umland vernetzen? Und werden sie sich an ihren Weg in den Kindergarten erinnern? Ich glaube ja: an Möwen und Schrottgreifer, an kalte und warme Tage, an Lichtstimmungen auf dem Wasser, an Mitfahrende auf der Fähre, an Wintermorgen mit leuchtenden Tannenbäumen und an ein Eis beim Eiskönig an der Förde an Freitagen, wenn Papa fährt!
Wenn Du auch mal ein Lastenrad ausprobieren möchtest, kannst Du das jetzt auch mit der Sprottenflotte.