Aus 130 müssen 34 werden
© Lh Kiel – Jan Konitzki
Im Oktober 2020 hat die Landeshauptstadt Kiel die Planungen für ein neues, hochwertiges ÖPNV-System begonnen. Eine Tram oder ein BRT-System soll in gut zehn Jahren durch die Stadt fahren. Die Planer*innen haben unter anderem den Auftrag, ein Streckennetz für das neue System in Kiel zu entwickeln. Wir geben einen Einblick in die ersten Planungsschritte.
Viele Karten von Kiel, auf denen überall Linien eingezeichnet sind, mal gestrichelt, mal durchgezogen, in rot, grün, blau oder gelb – das sind die ersten sichtbaren Ergebnisse der Planungsarbeiten der vergangenen Wochen. Gemeinsam mit dem Trassenplaner sind wir, die Stabsstelle Mobilität der Landeshauptstadt, im Moment dabei, ein erstes Streckennetz für das neue hochwertige ÖPNV-System, das sogenannte Kernnetz, zu erarbeiten.
Dafür haben wir mehr als 1000 Hinweise aus den Stadtteilforen im Herbst 2019 ausgewertet, Ergebnisse verschiedener Gutachten geprüft und haben vor allem die gesamten Straßen im Stadtgebiet mit dem Fahrrad und zu Fuß besichtigt. Das Ergebnis sind mehrere mögliche Streckenverläufe für eine Tram oder einen Schnellbus (Bus-Rapid-Transit, BRT), insgesamt rund 130 Kilometer, die sich auf Kiels Stadtquartiere verteilen.
So sieht die Planungsarbeit aus: Die Pfeile sind die sogenannten Korridore, in denen die Nachfrage für ein neues ÖPNV-System groß genug ist. Wir konzentrieren uns bei der Planung des neuen ÖPNV-Netzes zunächst auf die dunklen Bereiche im Kieler Stadtgebiet, die helleren sind mögliche Erweiterungen . Die hellblauen Linien stellen alle untersuchten Strecken für das neue ÖPNV-Netz dar – insgesamt mehr als 130 Kilometer.
Das neue ÖPNV-Netz soll aber nicht 130 Kilometer sondern 34 Kilometer lang sein. Nun gilt es gemeinsam das Netz schrittweise anzupassen. Was technisch nicht umsetzbar ist, wird ausgeschlossen. Was gegenüber anderen Strecken zu viele Nachteile hat, wird schlechter bewertet.
Wenn zum Beispiel eine Kurve zu eng oder eine Straße zu steil ist, damit das neue System dort fahren könnte, gilt diese Variante als technisch nicht machbar. Gleiches gilt für die Straßenbreite. Das neue ÖPNV-System muss sich den Straßenraum ja mit Autos, Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen teilen. Wenn die Straße dafür nicht breit genug ist, kommt sie nicht in Frage.
So soll das Netz erarbeitet werden, das für Kiel die meisten Vorteile hat.
Nicht nur Verwaltung und Fachleute planen, auch die Kieler*innen werden einbezogen.
Voraussichtlich im Herbst 2021 werden wir wieder zu Stadtteilforen einladen und Hinweise und Anregungen für die weitere Planung aufnehmen. Momentan ist das wegen der Corona-Pandemie nicht möglich.
Im Moment werden die Strecken untersucht, die im Bereich des sogenannten Kernnetzes liegen. Das sind die Bereiche, die auf der Karte mit den dunkleren blauen Pfeilen hinterlegt sind. Diese Bereiche sind die, in denen nach ersten Untersuchungen ein neues ÖPNV-System ausreichend nachgefragt und genutzt wird, weil hier am meisten Menschen leben oder arbeiten. Die anderen Bereiche im Norden und Süden werden in einem späteren Planungsschritt untersucht.
Schon jetzt planen wir für den Kieler Süden und Norden Verbesserungen im Busangebot, damit im gesamten Stadtgebiet der ÖPNV besser genutzt werden kann.
Spätestens im Sommer 2022 sollen aus den 130 Kilometern Vorschlagsstrecke 34 optimale Kilometer für das neue ÖPNV-System geworden sein.
Auf kielmobil halten wir Euch kontinuierlich über die Planungen zum neuen ÖPNV-System auf dem Laufenden. Wenn Ihr Fragen habt, schreibt uns an kielmobil@kiel.de.
Titelbild: Jan Konitzki
Hassee hat Fragen… Warum ist der Süden von Kiel unattraktiv für den ÖPNV?
Vielen Dank für diese Frage. Der Kieler Süden – wie auch der Kieler Norden – sind nicht zu unattraktiv für den ÖPNV. Das ÖPNV-Angebot wird für das gesamte Stadtgebiet neu konzipiert. Dabei gilt es zu unterscheiden, welches Angebot, wo am besten eingesetzt werden kann. BRT und Tram verfügen über besonders große Kapazitäten, deshalb wird ein neues System zunächst da geplant, wo die meisten Menschen leben und arbeiten und das Angebot entsprechend stark genutzt werden wird. Das derzeitige Bussystem soll dazu ergänzend optimiert werden und kann entweder als Zubringer zum neuen System oder als ergänzende Buslinie eingesetzt werden. Sobald ein Kernnetz des neuen OPNV-Systems steht, besteht die Möglichkeit, dass das neue System im Stadtgebiet zu erweitern. Der Kieler Süden und der Kieler Norden werden also schon jetzt mit betrachtet – im ersten Schritt in der Planung eines optimierten und ergänzenden Busnetzes und in Hinblick auf die städtischen Erweiterung des neuen ÖPNV-Systems.
Ja, die Mühlen der #Verkehrsplanung mahlen leider zu langsam, da sollte versucht werden, das ganze noch zu beschleunigen. Ebenso gravierend wäre allerdings, einige für die Kieler Bevölkerung zentrale Orte erst in 3. Schritt (oder gar nicht) anzuschließen: Der Falckensteiner Strand /Friedrichsort oder das MFG5-Gelände, das als neues Quartier zunehmende Rolle spielen wird, müssen zum Start gesetzt sein! Wenn die Kieler Bevölkerung wirklich zukunftsfähig und klimaschonend ohne Auto an einen ihrer Lieblingsstrände kommen möchte, dann muss eine #Strandbahn #Stadtbahn mit guter Taktung (alle 15 – 30 Min.) kommen. Nur so wird Kiel zur #cities4people.
Danke an die Stadt Kiel auf jeden Fall schon mal für den Info-Blog kielmobil.blog und die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu diesen Themen!
Vielen Dank für Ihre Anregungen. Um die Verkehrsplanung und die Mobilitätswende weiter zu beschleunigen haben wir die hier im Blog beschriebene Trassenstudie ausgeschrieben und beauftragt. Wir haben dabei einen sehr engen Zeitplan gewählt. Trotzdem prüfen dabei fortlaufend, ob weitere zeitliche Optimierungen möglich sein können. Die Planungsqualität muss natürlich sichergestellt sein und darf darunter nicht leiden. Neben der Kernnetzplanung prüfen wir im Rahmen der Trassenstudie auch Möglichkeiten, wie über spätere Erweiterungen die Stadtteile nördlich des Kanals angebunden werden können, um möglichst vielen Menschen den Zugang zu einen neuen ÖPNV-System zu ermöglichen. In einem ersten Schritt soll auch ein optimiertes Busnetz im Kieler Norden die ÖPNV-Qualität verbessern.
Eine Taktung von „alle 15-30 Minuten“ ist weder gut noch kann dies ernst gemeint sein. Ein guter Takt beginnt bei mind. 10 und hört bei 20 (abends, sonntags) bereits auf.
Das Grobkonzept ist anscheinend ganz schön, aber wie schaut’s mit der Feinkonzeptierung aus?
Nach dem Grobkonzept folgen die Detailbetrachtungen, die bis Ende 2022 im Rahmen der Trassenstudie abgeschlossen werden sollen. Die Zwischenschritte bis dahin werden wir regelmäßig veröffentlichen, gleiches gilt für die Verfahrensdokumentation der Trassenfindung. Hierzu werden wir auch zu Beteiligungsveranstaltungen einladen.
Die Berücksichtigung der Stadtteile Hassee und Russee kommen im neuen Konzept m.E. zu kurz. Im oben skizzierten Plan findet keine Betrachtung statt. Die Achse Richtung Mettenhof greift hier zu kurz und bedient diese Stadteile nicht. Folglich werden sie langfristig benachteiligt. In einem ganzheitlichen Ansatz zur Verbesserung der innerstädtischen Mobilität müssen alle Stadteile betrachtet werden und nicht nur die Pendler Hauptachsen (inner-/außerstädtisch). Stand heute: eine Busfahrt von Russee in die Wik mit einem Zeitbedarf von knapp 1 Stunde ist im Vergleich zum Auto mit 15-20 Min keine Alternative. Es ist klar, dass es keine 100% Lösung geben wird und Kompromisse eingegangen werden müssen. Mobilitätsträger müssen dahingehend effizient und intelligent vernetzt werden, dass nahezu alle Punkte in Kiel schnellmöglich verbunden werden. Da ist 1 Stunde Fahrtzeit Bus als Beispiel nicht zeitgemäß und schon gar nicht zukunftsfähig.
Die Einführung eines hochwertigen ÖPNV Systems auf eigener Trasse lässt sich nur auf den nachfragestärksten Ästen realisieren, sodass in den anderen Bereichen das begleitende ÖPNV Angebot entsprechend angepasst und ergänzt werden muss. Die Zielsetzung und damit auch die Ausrichtung der Planung ist, die Verbesserungen für alle Stadtteile erreichen zu können. Die Anbindung von Hassee und Russee soll daher über das ergänzende Busnetz erreicht werden. Die städtischen Erweiterungen werden im Rahmen der Trassenstudie noch zusätzlich betrachtet.
Immerhin hat Russee in der Zwischenzeit einen Bahnhaltepunkt bekommen. Von dort geht es im Stundentakt Richtung Rendsburg oder HBF. Die Fahrt zum HBF dauert von hier zwar nur 10 Min.. Aber bei der Fahrt mit dem Bus vom HBF z.B. in die Wik geht die Zeitersparnis ratzfatz wieder flöten. Das fängt mit dem üblichen Warten auf den Bus an udn weiter geht es mit dem seit Jahrzehnten gewohnten Schneckentempo. „Vorn einsteigen“, viele rote Ampeln, 30er-Zonen-Abschnitte und zumeist fehlende Busspuren sind die bekannte Ursache. Da fährt man die Strecke dann doch lieber mit dem Auto.
Fangen wir erst einmal mit der Tatsache an, dass die Taktung in Russee im Jahr 2005 bzw 2006 generell verschlechtert wurde.
Zwar gibt es vormittags eine Fahrt mehr (15 statt 20 Taktung), dafür gibt es nachmittags keine Verstärkung mehr (weiterhin nur 15 statt 10 Taktung).
Das Argument mit einem (Bedarfs-)haltepunkt ist ohne hin ein schlechter Witz. Es fährt zwar halbstündlich je Richtung eine Bahn, aber nur jede Zweite hält auch an. Das ist unatrakktiv. Ein „Schnell/Langsam-Konzept“ hat hierdurch wenig wert, wenn am Fahrgast vorbei gefahren wird. Dann nutzt man eben doch das PKW was umsteigefrei und schneller ist.
Ich bin der Meinung, dass Mettenhof äußerst Stiefmütterlich behandelt wird.
Im zentralen Kern verkehrt lediglich eine Hauptbuslinie, ansonsten gibt es noch 2 selten verkehrende Nebenlinien.
Wenn man sich den Stadtteil genauer unter die Lupe nimmt stellt man fest:
Hier wohnen die meisten Menschen (fast 20.000), es ist einerseits der kinderreichste Stadtteil und hat andererseits auch eine hohe Altenquote.
Zudem erfüllt dieser Stadtteil mit dem Einkaufszentrum und dem schulischen Angebot auch eine gewisse überörtliche Funktion.
Ebenfalls wohnen hier auch noch überdurchschnittlich viele Menschen, die finanziell nicht zu den „oberen Zehntausend“ gehören.
Und wahrscheinlich auch als einer der letzten Stadtteile ist hier noch eine recht gute Infrastruktur von Verkehrsraum vorhanden.
Es muss also sofort eine Änderung und erhebliche ÖPNV Ausweitung vorgenommen werden, bevor das Interesse am ÖPNV nicht gänzlich kollabiert.